Müllerbund bezieht kritisch Stellung zur Reform der Lebensmittelüberwachung

Unter dem Dach des BHT bezieht der Müllerbund zusammen mit Bäckern, Konditoren und Fleischern kritisch Stellung zu einer Gesetzesreform der staatlichen Lebensmittel-überwachung und einer Verordnung zum gesundheitlichen Verbraucherschutz. Dabei versucht man zahlreiche Bedingungen auf die Mühlen anzuwenden, die für unsere Branche nicht oder kaum zutreffend sind. Besonders größere Mühlenbetriebe wären von der Reform der Lebensmittelüberwachung betroffen. Auch kleinere Betriebe befürchten eine Verschärfung der derzeit gültigen Standards. Die ausführliche Stellungnahme des Müllerbundes ist in der Geschäftsstelle abrufbar.

Vorgesehen ist mit vorliegenden Gesetzentwurfes eine neue Struktur in der Veterinär- und Lebensmittelkontrolle zu schaffen, indem eine zusätzliche zentrale Kontrollbehörde neben die schon bisher zuständigen Behörden im Bereich der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung tritt. Problematisch erscheint aus unserer Sicht, dass sich der exakte Umgriff der sachlichen Zuständigkeit dieser Kontrollbehörde aus dem Gesetz nicht entnehmen lässt. Danach besteht die Zuständigkeit „insbesondere hinsichtlich solcher Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt“. Gerade staatliche Organisationsregelungen unterliegen in besonderem Maße dem Bestimmtheitsgebot als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips. Dieses dürfte durch die obige Unbestimmtheit im vorliegenden Gesetzesentwurf verletzt worden sein.

Aus zwei Gründen erscheint es zudem zweifelhaft eine Konkretisierung dieser Unbestimmtheit über den gleichzeitig in Kraft tretenden Verordnungsentwurfes herstellen zu wollen. Erstens genügt die Verordnungsermächtigung nicht dem Maßstab des Art. 80 Grundgesetz, wonach Verordnungsermächtigungen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt zu sein haben. Im Ergebnis wird die Entscheidung über das genaue Zuständigkeitsregime in der Lebensmittelkontrolle dem Gesetzgeber entzogen und dem Ministerium überantwortet. Die Kriterien für die Zuständigkeitsverteilung sollten aber schon im Gesetz verankert sein. Zweitens sind die in der Verordnung genannten Kriterien für eine trennscharfe und rechtssichere Abgrenzung ungenügend und erwecken auch in der Sache Zweifel. Mühlenbetriebe unterfallen z.B. den Betriebskategorien des § 9 Abs. 2 Verordnungsentwurf. Damit handelt es sich nach dem Gesetzgebungsmechanismus tendenziell um Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt. Diese Betriebe, die seit jeher die Grundlage unsere Lebensmittelversorgung bilden, sind den Lebensmittelkontrolleuren dem Grunde nach vollumfänglich vertraut und bedürfen keiner speziellen Überwachungsfähigkeiten, da die Anforderungen an die Lebensmittelkontrolleure bei der Überwachung dieser Betriebe weder vielschichtig noch komplex sind.

Der Überwachung durch die neue Kontrollbehörde sollen diese Betriebe zudem nur dann unterliegen, wenn sie überregional tätig sind. Gemäß dem Verordnungsentwurf ist ein Betrieb überregional tätig, wenn er dafür ausgelegt ist, stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Mio. Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen. Fraglich ist, ob damit Mühlenbetriebe potenziell noch erfasst sind. Wann ist ein Betrieb ein wesentlicher Marktteilnehmer? Hier fehlt die Definition im Verordnungsentwurf. Macht sich das an Marktanteilen fest? Wenn ja, wie hoch müssten diese sein? Was ist mit Betrieben, die nicht oder kaum an Endverbraucher liefern wie z. B. Mühlen? Wie bestimmen sich hier das Gebiet und ein wesentlicher Marktteilnehmer? Mühlen beliefern überwiegend Produktionsstätten für Backwaren, die wiederum viele Gebiete beliefern könnten. Wie werden in einem solchen Fall wesentliche Marktteilnehmer definiert? Werden durch die Verordnungsdefinition die erreichbare Zahl oder die tatsächlichen Kunden gemeint? Unklar ist auch die Bedeutung des Wortes „stetig“. Müssen die 1,5 Mio. Kunden z. B. innerhalb eines Monats oder eines Jahres versorgt werden können? Alles dies sind Fragen, die im vorliegenden Gesetzes- und Verordnungsentwurf offen bleiben und die wir kritisch benannt haben.

Bei der Konkretisierung der Betriebe, welche künftig unter die Zuständigkeit der Kontrollbehörde fallen sollen, werden als Bewertungskriterien neben der Komplexität und Überregionalität der Betriebe sowie der vorausgesetzten Notwendigkeit eines fachlichen Spezialwissens der Kontrollbehörde bei der Überwachung auch die mikrobiologischen Anforderungen an das hergestellte Lebensmittel (nur) in der Begründung im oben genannten Verordnungsentwurf angeführt. Insofern ist die Eingruppierung der Mühlenbetriebe in § 9 Abs. 2 Nr. 2 des Verordnungsentwurfes, welche ein staubförmiges und nicht sofort verzehrsfähiges Trockenprodukt herstellen, das zudem vor dem Verzehr einer nochmaligen Durcherhitzung bedarf, mehr als fraglich. Zudem ist die Zuordnung der Mühlenbetriebe im Verordnungsentwurf nicht eindeutig. Diese könnten sowohl in § 9 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe g als auch in § 9 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe n verortet werden. Eine Klarstellung wäre hier wünschenswert.

Offen bleibt auch, ob die obigen Bewertungskriterien in der Begründung des Verordnungsentwurfs einzeln oder kumulativ erfüllt sein müssen und ob eine unterschiedliche Gewichtung bei der Bewertung erfolgt.

Nach alledem ist festzustellen, dass die Verordnungskriterien für die Abgrenzung der Zuständigkeit wenig exakt sind. Damit bleibt der Kontrollbehörde ein vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebotes zu großer Beurteilungsspielraum. Im Interesse der Rechtssicherheit sollten diese Kriterien nochmals nachgeschärft und in das Gesetz selbst verlagert werden. Zudem sollte nach unserer Ansicht eine Herausnahme der Mühlen aus dem vorliegenden Gesetz- und Verordnungsentwurf erwogen werden.

Die vollständige Stellungnahme kann in der Geschäftsstelle des Müllerbundes abgerufen werden.