Interview zur Dinnerspeech mit Dr. oec. troph. Claudia Laupert-Deick

Am Vorabend der Mitgliederversammlung, am Freitag den 06. März 2020, laden wir Sie ab 19 Uhr, in das Restaurant II (1. Stock) von „Lump, Stein und Küchenmeister“, Alter Hof 3, 80331 München zum gemeinsamen Abendessen mit „Dinnerspeech“ ein. Dieses Jahr konnten wir die renommierte Ernährungsexpertin Dr. oec. troph. Laupert-Deick zum Thema „Gefährliche Modetrends in der Ernährung „Frei von Gluten, Laktose. etc…“ nicht nur teuer, sondern auch nur für wenige Menschen empfehlenswert!“ gewinnen.

Laupert-Deick
Quelle: www.ernaehrungscheck.de

Im Vorfeld Ihres Vortrages konnten wir mit Frau Dr. Laupert-Deick ein exklusives Interview zu Ihrem Vortragsthema führen. Lesen Sie nachfolgend im exakten Wortlaut, was Frau Dr. Laupert-Deick zu diesem interessanten und nicht zu unterschätzenden Thema gesagt hat

Müllerbund: Immer mehr Menschen glauben bestimmte Nahrungsmittel nicht zu vertragen. Ist da etwas dran?

Dr. Laupert-Deick: Die Zahl der Nahrungsmittelallergiker ist in den zurückliegenden Jahren gestiegen. Hierfür werden zahlreiche Ursachen wie die verbesserte Hygiene, die klimatischen Veränderungen sowie die Züchtung von Lebensmitteln in Betracht gezogen. Aufgrund der Unwissenheit und der in den Medien beschriebenen Zusammenhänge zwischen Lebensmittelinhaltsstoffen und Unverträglichkeiten besteht derzeit eine große Verunsicherung. Die Zahl der Menschen, die glauben, dass sie Lebensmittel, die Gluten, Laktose und / oder Fruktose enthalten, nicht vertragen, liegt in Deutschland bei durchschnittlich 12 %. Diese Annahme trifft vor allem auf Frauen (14%) und jüngere Menschen im Alter vom 19 bis 29 (19%) zu.

Müllerbund: „Frei-von-Lebensmittel“ z.B. ohne Gluten oder ohne Laktose sind nicht nur teuer, sondern liegen auch derzeit stark im Trend. Wie sehen Sie das?

Dr. Laupert-Deick: „Frei von…“ suggeriert bei schlecht informierten Verbrauchern den Eindruck eines gesundheitlichen Mehrwerts, vergleichbar mit Aufschriften wie „ohne Konservierungs-/ Zusatzstoffe/ Geschmacksverstärker/ Aromen“, „frei von Bisphenol A (Plastikflaschen)“ oder „frei von Aluminium (bei Kosmetikprodukten)“. Hinzu kommt, dass in den Medien teilweise das Bild vermittelt wird v.a. Gluten, Kohlenhydrate im Allgemeinen und tierische Lebensmittel seien ungesund. Der Umsatz glutenfreier Produkte ist von 2010 bis 2014 um 169 % angestiegen. Bei laktosefreien Milchprodukten waren es von 2012 bis 2016 ca. 93 %. Die Lebensmittelindustrie hat diesen Markt für sich entdeckt und die Umsätze spiegeln dies wieder!

Müllerbund: Haben „Frei-von-Produkte“ z.B. Glutenfrei für Menschen ohne Allergie und Intoleranz einen Mehrwert?

Dr. Laupert-Deick: Nein, ganz im Gegenteil. Wenn man das Gluten aus dem Speiseplan eliminiert, bevor man eine ärztliche Diagnose bzgl. einer Zöliakie durchgeführt hat, dann ist dies auf jeden Fall kritisch. Eine „ordentliche“ Diagnose ist nur möglich, wenn der Körper über mindestens 6-8 Wochen mit Gluten belastet wurde, um entsprechende Antikörper nachweisen zu können. Weiterhin enthalten die hochverarbeiteten „frei von“ Lebensmittel häufig Zutaten, die nicht gesund sind, sondern lediglich dazu dienen, diese schmackhafter zu machen. Ich empfehle grundsätzlich Lebensmittel, die ein kurzes Zutatenverzeichnis haben.

Müllerbund: Ist es aus ernährungsphysiologischer Sicht sinnvoll, ohne medizinische Notwendigkeit ganze Lebensmittelgruppen zu meiden?

Dr. Laupert-Deick: Nein, je abwechslungsreicher wir essen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Körper alle Nährstoffe erhält, die er benötigt. Das Weglassen von Lebensmitteln bzw. ganzen Lebensmittelgruppen erhöht immer das Risiko für eine Mangelernährung. So fehlt beispielsweise durch den Verzicht auf Milchprodukte ein wichtiger Calciumlieferant. Tierische Lebensmittel sind darüber hinaus eine wichtige Quelle für Vitamin B12, hochwertiges Protein und mehr. Vollkornprodukte sind u.a. gute Ballaststoffquellen.

Müllerbund: Was raten Sie Menschen, die ohne eine Stoffwechselerkrankung dennoch Beschwerden dennoch Beschwerden beim Verzehr gewisser Nahrungsmittel haben?

Dr. Laupert-Deick: Wenn ein Mensch den Eindruck hat, dass bestimmte Lebensmittel bei ihm Beschwerden auslösen, ist es nachvollziehbar und sinnvoll, dass er diese nicht weiter konsumiert. Wir führen bei diesen Patienten ein Symptomtagebuch, um herauszufinden, ob die Beschwerden tatsächlich vom Lebensmittel kommen. Hierbei spielt die Reproduzierbarkeit der Beschwerden eine wichtige Rolle. Die meisten Patienten glauben, dass sie bestimmte Lebensmittel nicht vertragen, in der professionell begleiteten Beobachtung können wir diese Vermutung jedoch häufig nicht bestätigen. Manchmal sind auch zusätzliche medizinische Untersuchungen nötig, da die Differentialdiagnose nicht vollständig durchgeführt wurde.

Wir hoffen, wir konnten Sie neugierig auf Frau Dr. Laupert-Deick und ihr hoch spannendes Thema machen und freuen uns auf ihren zahlreichen Besuch im Rahmen unserer Dinnerspeech am Vorabend unserer Mitgliederversammlung.